Wozu ist das gut? |
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Probleme |
Als ich im Urlaub durch eine Filiale von Conrad Elektronik schlenderte, sind mir ein paar Bausätze des Retro-Spiels "PONG" in den Einkaufswagen gesprungen. Für nur 5€ konnte ich die nicht liegen lassen.
Leider waren das die letzten Packungen die sie hatten.
Pong auf einem 12x10 Pixel Monitor ist deutlich schwieriger als die Atari-Version
von 1972, die immerhin auf einem Fernseher lief.
Aber ich habe das Spiel ja nicht
gekauft, um PONG zu spielen.
Der Bausatz besteht aus einer fertigen Platine mit
120 LEDs, die von einem ATmega8 Prozessor angesteuert werden. Und eine Programmierschnittstelle
zum ändern des Programms ist auch vorgesehen.
Das Ding schreit also danach, zweckentfremdet zu werden.
Ich sah darin die Möglichkeit, auf einfache Weise endlich mal eine Wort-Uhr zu bauen.
So eine Uhr besteht aus einem Buchstabenfeld:
Je nach Uhrzeit werden die Buchstaben von hinten so beleuchtet, dass die Uhrzeit als Text erscheint.
Dazu eignet sich die PONG-Platine hervorragend!
Über die LEDs muss nun eine Maske, vor der eine Streuscheibe angebracht
ist. Über die Streuscheibe kommt dann die Buchstabenfolie und darüber Glas.
Die
Maske soll verhindern, dass Buchstaben von benachbarten LEDs beleuchtet werden. Im ersten Versuch
habe ich die aus bedruckter Folie gemacht:
Ein Stapel aus mehreren Schichten dünnem Plexiglas und solchen Lochblenden sollte funktionieren, aber das Ergebnis war nicht so doll. Besser wäre, ich würde 120 Löcher mit 4,8mm Durchmesser bohren.
Noch besser, die Löcher wären eckig. Und trichterförmig, damit das Ganze etwas stabiler ist.
Sowas kann man kaum von Hand herstellen. Also habe ich die alte Portalfräse in der Firma wieder zum Leben erweckt und mich in der CNC-Programmierung mittels GCode versucht. Das erste Ergebnis war nicht so doll:
Nach einigen Experimenten mit Spindeldrehzahl und Vorschubgeschwindigkeit
wurde das deutlich besser.
Da aber immer noch faserartiges Material in die Löcher ragte, habe ich die Fräse einfach 2 mal durchlaufen lassen. Eineinhalb Stunden hat der Apparat auf dem kleinen Stück PVC rumgekreischt. Dann habe ich einfach die verbleibenden störenden Fasern mit dem Messer rausgekratzt.
Als Streuscheibe dient Butterbrotpapier. Das war nach
mehreren gescheiterten Versuchen mit angeschliffenen Folien und Milchglas
bei weitem am Besten. Trennfolie von Käsescheiben soll aber auch gehen.
Die Buchstaben habe ich in einen Texteditor geschrieben, ein Bildschirmfoto gemacht, davon
ein Negativ erstellt und mit dem Laserdrucker auf Folie ausgedruckt.
Jetzt kann man schon
mal sehen, wie das später aussieht:
Damit ich die Uhr nie stellen muss, kam ein Funkuhr-Modul von Pollin dran. Da das nur mit max. 3.3V läuft, die Platine aber mit 4.5V, habe ich für die Versorgung und das Freigabe-Signal (PON) des Funkmoduls noch 2 Pegelwandler aus je 1K-Widerstand und 2,7V Zenerdiode gebaut und eine Elko spendiert.
Außerdem wurde dem Prozessor
ein 4.096MHz-Quarz als Uhrwerk verpasst.
Die 5 Bauteile sind einfach hinten freifliegend auf die Platine gelötet.
Man erkennt im Vordergrund auch den 6-poligen Pfostenstecker, über den der Prozessor umprogrammiert wird.
Die Uhr habe ich dann in einen Bilderrahmen eingebaut. Mit PVC-Stückchen und Heisskleber.
Am oberen Rand die Ferritantenne und das Funkuhr-Modul:
Beim Starten der Uhr wird die aktuelle Sekunde angezeigt und die untere Zeile ist ein simples Oszilloskop, welches das Empfangssignal darstellt.
Nach ca. 2 Minuten ist die Zeit ermittelt und wird als Text angezeigt:
Die Textanzeige ändert sich alle 5 Minuten. Die 4 Punkte am rechten Rand geben an, wieviel Minuten später es ist, als der Text sagt. Es ist also 16:36.
Um zwei Minuten vor halb Zehn (21:28, also 21:25+3) sieht das so aus:
Zusammen mit einem 4,5V Öko-Steckernetzteil ist das nun eine recht ungewöhnliche Uhr.
Ein
Archiv mit dem Quellcode, Hexfile, Folien-Dateien und dem CNC-Fräsprogramm gibts hier: 122wordclock.zip
(174K)
Ein kurzes Video,
wie der Start der Uhr
bei schlechtem Empfang aussieht, habe ich auf DuRöhre
Nachtrag 2015:
Der kleine rote Bilderrahmen passte laut Aussage meiner Frau optisch
nicht mehr zur Inneneinrichtung. Also bin ich davon ausgegangen, dass die Uhr demnächst
in einem beschrifteten Karton im Keller verschwindet.
Ihr könnt euch mein Erstaunen kaum vorstellen, als ich einige Tage später die Uhr in völlig neuem Gewand im Wohnzimmer stehen sah:
Sieht
super aus und funktioniert tadellos. Das hätte
ich selbst auf keinen Fall besser hinbekommen!
Die Wortuhr ist so ja ganz nett. Aber vom Sofa kann ich die nicht lesen, weil die Schrift
einfach zu klein ist. Da ich sowieso noch ein Geburtstagsgeschenk für meine
Frau brauchte, bot es sich an, große Taten zu vollbringen.
Der Plan: Den Rahmen komplett nutzen.
Bei der Größe ist eine Platine nicht sinnvoll, sondern die LEDs werden von der Ledmaske gehalten. Da ich inzwischen einen 3D-Drucker besitze, brauchte ich mich nicht mit der Fräse rumärgern, sondern konnte die Ledmaske und die Ledhalterung einfach in SCAD konstruieren.
Der Drucker hatte damit die ganze Nacht zu tun
und spuckte schließlich dieses schöne Plastikteil aus:
In jedes Loch kam eine LED.
Dabei habe ich 3mm LEDs mit sehr großem Abstrahlwinkel benutzt. Die
habe ich bei eBay unter dem Begriff LED 3mm Flachkopf weiß KLAR
gefunden.
Links im Bild die Flachkopf-Led , rechts eine normale 3mm Led
mit Sammellinse.
Davon wurden 114 Stück in den 3D-Druck gesteckt und als Matrix verkabelt.
Der Drahtverhau endet unten links
in der Lochrasterplatine auf der zwei Max7219 Chips für die Ansteuerung sorgen.
Direkt darunter ein Gleichrichter und ein Step-Down Spannungsregler.
Damit ist der Anschluß verpolungssicher und die Netzteilspannung muss nur irgendwas zwischen 7 und 20V betragen.
Unten rechts sitzt der Funkuhr-Empfänger und darüber ein Arduino-pro-Mini der das Ganze steuert.
Leider stört der Arduino und die Led-Ansteuerung den billigen Empfänger so stark, dass der nichts empfängt. Ich habe dann jede Menge Kondensatoren plus eine Spule als Filter davor gesetzt und ihn schließlich gegen die teurere Version mit Quarzfilter von Conrad ausgetauscht. Der Empfang ist aber immer noch sehr, sehr schlecht.
Die verzweifelte Lösung war, die LED-Anzeige nachts für ein paar Stunden abzuschalten,
bis eine gültige Zeit empfangen wurde.
Wenn ich nochmal so eine Uhr baue, kommt da kein DCF-77 Empfänger, sondern ein ESP8266 WLAN-Modul rein, mit dem ich mir die Zeit aus dem Internet fischen würde. Dann hätte ich die Zeit direkt nach dem Einschalten und wahrscheinlich gar keine Probleme mit den Störsignalen.
Blöderweise waren die Wände ein wenig zu dünn konstruiert, so dass zwischen den Zellen Licht durchschien.
Man erkennt aber schon die Lösung: in fizzeliger Kleinarbeit habe ich die 456 Wände mit schwarzer Abtönfarbe lichtdicht gepinselt.
Um jedes Feld gleichmäßig leuchten zu lassen kam ein zurechtgeschnittenes Blatt aus einem Kunsttoffregister als Streuscheibe zum Einsatz.
Die Buchstaben habe ich professionell auf Repro-Film belichten lassen. Die PDF-Datei und Adresse stehen unten im Download-Archiv.
Aus Tonpapier habe ich mit dem Skalpell einen passenden Passepartout ausgeschnitten und das Ganze dann im Ikea-Bilderrahmen versenkt.
So sieht das nun aus:
Ein paar Wochen später:
Eine Led ist kaputt. Hm,
kann ja mal passieren. Wird die halt gewechselt...
Wenige Tage später:
Noch zwei LEDs sind kaputt.
Mist. Die kriegen wohl zuviel Strom. Also wurden die LEDs gewechselt
und alles deutlich dunkler gedreht.
Nun sind vier LEDs ausgefallen. Oh, langsam
geht mein Led-Vorrat zu neige. Der Strom ist
von 25mA auf 5mA je LED runter.
Das kanns also nicht sein.
Intensives nachmessen ergab: die LEDs bekommen
wenn sie aus sind 5.1V Spannung in Gegenrichtung, sind aber nur bis 5.0 V
spezifiziert. Also wurde die Versorgung auf 4.5V runtergedreht.
Weitere 2 Leds sind verreckt. So langsam nervt das. Jedes Wochenende Wartungsarbeiten an der Uhr sind nicht das was ich mir vorgestellt habe. Also nochmal genauer gemessen: Beim Abschalten gibt es ganz kurze aber recht hohe negative Spannungsspitzen die wohl auf die Leitungsinduktion zurückzuführen sind.
Die Endlösung war, vor jede LED noch eine 1N4148 Diode zu löten. 114 Dioden und unzählige alkoholfreie Bier später ergab sich dieses Bild:
Das Problem scheint damit behoben: In den letzten Wochen ist keine LED mehr gestorben.
Das Geschenk
wurde überreicht und kam sehr gut an.
Und bei der Buchstabengröße kann man die
Uhr nun von überall im Wohnzimmer gut lesen.
Das Archiv mit dem Quellcode, Folien-Dateien und den 3D-Druck Dateien gibts
hier: 122wordclock2.zip
(544K)
Einen Schaltplan habe
ich nicht. Den muss man sich halt aus den Kommentaren im Quellcode und den beigelegten
Infos zum Max7219 zusammenreimen.
Da ich gelegentlich
danach gefragt werde: Man kann diese Uhren bei mir nicht kaufen. Auch nicht für
Geld und gute Worte. Wer so eine Uhr unbedingt haben will, wende sich bitte z.B. an diesen kommerziellen
Anbieter.
Man kann mir aber schreiben, wenn man mal Hilfe beim selber bauen braucht (einfach auf
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Aber der Seitenquelltext (strg-U) sieht auch interessant aus, zumindest wenn man ihn mit einem Monospace Font in sehr kleiner Schriftgröße betrachtet.